Bienensterben in Amerika

Als Imker versuche ich mich jede Woche, möglichst jeden Tag weiter fortzubilden, um das Stärken der Bienenpopulation in unseren Breitengraden so effektiv wie möglich zu unterstützen. Auch der Blick über den deutschen bzw. europäischen Tellerrand gehört für mich dazu, daher bin ich in diversen Imkerforum auch international mit großer Neugier unterwegs.

Wie ein Schlag in die Magengrube fühlt sich dann das an, was ich im Moment von befreundeten Imkern in Amerika hören muss, egal ob an der US-Ostküste, US-Westküste oder in Kanada. 75% bis 100% Winterverluste bei Kleinerwerbs- und Hobbyimkern. Imkern mit jahrzehnten an Erfahrung, die bspw. alle ihre 60 Stöcke im Winter verloren haben.

Vollerwerbsimker in Kalifornien, welche im aktuellen Winter 50.000 und somit 50% Ihrer Bienenstöcke verlieren:

https://www.npr.org/sections/thesalt/2019/02/18/694301239/massive-loss-of-thousands-of-hives-afflicts-orchard-growers-and-beekeepers?t=1550658082030

Es ist kein schöner Tag, an dem man solche Nachrichten ließt, und die Niedergeschlagenheit insb. der amerikanischen Hobbyimker einen tief trifft, die auf einmal alles, was sie seit Jahrzehnten mit Liebe und Erfahrung gehegt, gepflegt und vermehrt haben, verloren haben….ohne einen Fehler gemacht zu haben. Nicht wenige davon spielen mit dem Gedanken, die Imkerei nach dem diesjährigen Winter aufzugeben.

Zum einen war natürlich der Winter in einigen Teilen Amerikas ein Ausnahmewinter, aber dies alleine dafür verantwortlich zu machen, wäre falsch. Genug Erwerbsimker, welche tausende von Bienenstöcken verloren haben, sagen nicht umsonst, daß der Winter zwar hart war, aber bei weitem nicht hart genug für das, was geschehen ist.

Wir haben diesen Winter ein Volk von sieben verloren. Einen von mehreren Ablegern aus 2018, ohne erkennbaren Grund. Das Volk verstarb innerhalb von zwei Wochen. Auf vollen Futterwaben sitzend. Wir sind mehr als nur zufrieden damit, sechs von sieben Völkern überwintert zu haben.

Ohne zu sehr politisieren zu wollen, können wir nur jedem ans Herz legen, doch mal – wenn nix anderes im Fernsehen läuft – zu schauen, ob nicht in irgendeiner Mediathek, Videothek oder im Handel der Film „More than Honey“ gerade verfügbar ist. Wir sind uns sicher, daß es schlechter investierte 90 Minuten gibt, da der Film einen sehr ruhigen, angemessenen Einblick in die aktuelle Problematik der Bestäuberinsekten, hier insb. der Honigbiene, gibt. Eine Problematik, bei der Blühstreifen, Bienensymbole auf Saatgutmischungen etc. nur ein Anfang sein können.

Ein trauriger Einblick in die Gewinnung von industriellem Honig im großen Maßstab und in der Bestäubung von vielen Produkten, die als vegan gelten, aber leider sehr oft auf Massentierhaltung im Sinne der Bestäuberinsekten angewiesen sind.

Bienen sind leider seit vielen, vielen Jahren in der Massentierhaltung genau so angekommen, wie viele andere Tiere, die hauptsächlich der Fleischgewinnung dienen.

Jeder Schritt, den wir gehen können, um diese Massentierhaltung zu verringern, ist ein guter Schritt, wie ich denke, und die Vorfreude, die ich in mir spüre, in wenigen Wochen wieder jede Woche unseren Bienenstöcke zu pflegen, und zu vermehren, ist jeden Aufwand wert, der sich dem entgegenstellt.

Zudem hoffen wir und wünschen uns, daß unsere amerikanischen Hobby-Imkerkollegen nicht aufgeben.

Ulrich Witschaß

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